Houellebecq nahm Österreichischen Staatspreis entgegen

Der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur 2019 geht an den französischen Romancier, Lyriker und Essayisten Michel Houellebecq. Bundesminister Alexander Schallenberg hat den Preis am Freitag, 26. Juli, im Solitär der Universität Mozarteum Salzburg verliehen. Die Laudatio auf den Preisträger hielt die Literaturkritikerin Daniela Strigl.

„Sinn und Zweck des Österreichischen Staatspreises für Europäische Literatur war und ist es, nicht nur die Schöpfer bedeutender literarischer Werke zu würdigen. Er sollte vor allem auch einen Beitrag zur kulturellen Verständigung und zum kulturellen Austausch in Europa leisten. Eine Zielsetzung, die nie ihre Gültigkeit verliert“, sagte Bundesminister Alexander Schallenberg anlässlich der Verleihung. Es brauche Vordenker und Mitdenker, „gewissermaßen Forensiker der Gesellschaft, die uns auf ihre Art vor Augen führen, dass nichts selbstverständlich ist, dass keine Generation sich einfach ausruhen kann, sondern um den Erhalt ihrer Werte kämpfen muss. Gerade hier kommen Autoren wie Michel Houellebecq ins Spiel“, so der Minister.

Jurybegründung: „Als Schöpfer eines höchst eigenwilligen literarischen Werks ist Michel Houellebecq eine der einflussreichsten Stimmen der europäischen Gegenwartsliteratur. Seine Texte verraten ein besonderes Sensorium für Fragen von gesellschaftlicher Sprengkraft, wobei er den Konjunkturen des Feuilletons stets vorausgeeilt ist – ob es um die moderne Arbeitsrealität geht, die Möglichkeiten und Gefahren der Gentechnik, die Erscheinungsformen des religiösen Fanatismus die Kehrseite der sogenannten sexuellen Revolution (ein Monopolkapitalismus des Sex) oder den Verfall des ländlichen Raumes. Die zum Teil extrem provokanten Diagnosen Houellebecqs setzen jene Übertreibungskunst fort, die in der Literatur des 20. Jahrhunderts die Grenzen zwischen Biografie und Werk, Kunst und Leben systematisch überschritten hat. Seine drastischen Plots verblüffen durch krasse Überzeichnungen, verquere Peripetien und sprachlichen (Wahn)Witz; der enttäuschte Idealismus seiner gebeutelten, lächerlichen, letztlich stets scheiternden männlichen Helden schlägt in grellen Zynismus um. Die Auszeichnung gilt einem Werk, das das verstörende Potenzial von Literatur exemplarisch zeigt und weitaus komplexer ist als die medialen Debatten, die sein Autor mitangefacht hat.“

Der Österreichische Staatspreis für Europäische Literatur wird seit 1965 für das literarische Gesamtwerk einer europäischen Autorin bzw. eines europäischen Autors verliehen. Die Dotation des Preises beträgt 25.000 Euro.

Zuletzt erhielten Patrick Modiano (2012), John Banville (2013), Ljudmila Ulitzkaja (2014), Mircea Cărtărescu (2015), Andrzej Stasiuk (2016), Karl Ove Knausgård (2017) und Zadie Smith (2018) diese Auszeichnung.

In der Vergabejury waren HVB-Präsident Benedikt Föger (Verleger Czernin), Schriftsteller Walter Grond, Claudia Romeder (Verlegerin Residenz), Literaturkritikerin Daniela Strigl und Norbert Christian Wolf (Professor für Neuere dt. Literaturwissenschaft, Universität Salzburg) tätig.

31.7.2019

Michel Houellebecq Foto (c) Philippe Matsas
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