Anzeiger 2/2021 – Webshops, Werbung und Community

Wie kleinere und größere Branchenunternehmen im letzten Jahr in der Krise lernen und von der Digitalförderung profitieren konnten.

Text: Teresa Preis

Sie beschäftigt die Branche schon länger und hat in den vergangenen zwölf Monaten noch einmal an Bedeutung gewonnen: die Digitalisierung. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie mussten viele über Nacht ihren Geschäftsalltag umstellen. Dabei sind vorbildliche Projekte entstanden, die wir hier vorstellen.

Umstellung: Vom stationären zum digitalen Handel

Einer der Vorreiter ist Markus Renk, Geschäftsführer der Wagner’schen Buchhandlung in Innsbruck. Er hat den Umbruch als Chance gesehen: „Mit dem ersten Tag des Lockdowns haben wir ordentlich Geld für die Bewerbung unseres Onlineshops zur Verfügung gestellt. Außerdem haben wir jetzt eine eigene Abteilungsleiterin für E-Commerce installiert, die sich Vollzeit mit diesem Thema auseinandersetzt“, sagt Renk. Eine Investition mit positiven Folgen, die Umsatzsteigerung bei den Onlineverkäufen betrug im Jahr 2020 rund 400 Prozent.

Auch bei Dorothy Singer, Inhaberin der Buchhandlung Singer am Rabensteig in Wien, hat sich im vergangenen Jahr einiges geändert. Die Buchhandlung, die aus der früheren Jüdischen Buchhandlung entstanden ist und erst seit Dezember 2018 in dieser Form existiert, hatte zu Beginn der Pandemie noch gar keinen Onlineshop. „Da unsere Homepage mit Webshop erst im Entstehen ist und auch von uns noch nicht verlinkt wurde, haben wir bisher über diesen Weg nur vereinzelte Bestellungen erhalten“, so Singer. Das Geschäft der Buchhandlung konnte trotzdem weitergehen: „Unsere Kund*innen bestellen gern persönlich, telefonisch, über sämtliche Messenger-Dienste, Social Media  oder auch per E-Mail. Das funktionierte im Lockdown sehr gut, die Bücher wurden abgeholt, zugestellt oder per Post versendet.“

Digital gut aufgestellt war man beim Tyrolia­-Verlag. „Die Schienen für das Digitalgeschäft waren schon gelegt: Wir haben eine Homepage mit Webshop und drei Facebook-Seiten, je eine für die Sparten Kinder- und Jugendbuch, Religion sowie Berge und Kultur“, erklärt Verlagsleiter Gottfried­ Kompatscher. Doch auch bei Tyrolia wurde weiter in den digitalen Auftritt investiert: „Neu dazugekommen sind die Teilnahme an VLB-Tix sowie die Nutzung von Book2Look für die Spitzentitel.“ Zusätzlich wurde das Onlinewerbebudget erhöht.

Onlineshops: Die Kund*innen zuhause abholen

Clemens Ettenauer ist Geschäftsführer der Komischen Künste in Wien sowie Verleger des Holzbaum Verlags. Das Onlinegeschäft war für ihn von Anfang an ein fixes Standbein: „Wir hatten schon vor der Corona-Pandemie zwei gut laufende Webshops. Durch die ständigen Lockdowns hat sich ihre Priorität aber natürlich erhöht.“ Er will auch weiter investieren. „Die Digitalförderung war Anstoß, unsere Webshops zu verbessern, da ist nämlich noch Luft nach oben“, erklärt Ettenauer.

Ein Onlineshop als Zusatzangebot für jene Stammkund*innen in anderen Bundesländern, die jetzt weniger nach Wien und die Wiener*innen, die nicht mehr so regelmäßig in die Innere Stadt kommen können: Das war die Idee für das neue Projekt der Buchhandlung Singer. „Vielleicht erreichen wir damit auch Neukund*innen, die uns als Spezialbuchhandlung im Internet finden – neben Büchern haben wir ja auch einen großen Non-Book-Bereich zum Thema jüdisches Leben, jüdische Feiertage und so weiter“, sagt Dorothy Singer. Zusätzlich zur Buchhandlung und dem integrierten Café betreut Singer auch den Info-Point Jüdisches Wien. Gerade der soll bald digital verfügbar und Touren sollen online buchbar sein. „Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die meisten Wien-Besucher*innen sich vor Antritt der Reise im Internet informieren und auch schon im Vorhinein die entsprechenden Tickets bestellen. Da geht es gar nicht mehr ohne einen Onlineauftritt.“

Austausch: Social-Media-Strategien und Newsletter-Marketing­

Was ein gut geplanter Social-Media-Auftritt bringt, weiß auch Clemens Ettenauer. Mit insgesamt acht Facebook-Seiten, einem Ins­tagram- sowie einem Twitter-Account sind seine Buchprojekte breit gestreut – und erfolgreich. „Neben dem Newsletter sind Social Media für uns das wichtigste Werbemittel, um direkt mit unseren Kund*innen zu kommunizieren, ihnen neue Produkte vorzustellen und zu verkaufen“, so Ettenauer. Dabei werden sowohl Bücher als auch Non-Books inszeniert. „Es funktioniert manchmal sehr schnell, neulich haben wir ein schönes­ Foto von unserem ‚Antistressball für Wiener‘ auf Instagram gestellt, und schon zwanzig Minuten später stand eine Dame bei uns im Geschäft, hat uns auf ihrem Smartphone das von uns gepostete Bild gezeigt und dann direkt den Ball gekauft“, erzählt der Geschäftsführer. Auch Bestellungen über Instagram gewinnen für ihn zunehmend an Bedeutung. Im Kontrast zu den täglichen Social-Media-Beiträgen wählen Ettenauer und sein Team für den monatlichen Newsletter besondere Highlights aus.

Auf Social-Media-Kanäle konzentriert sich auch Markus Renk von der Wagner’schen Buchhandlung. „Wir konnten mit manchen unserer Facebook-Posts mehr als 42.000 Leute erreichen, das war gerade an den Schließtagen ganz essenziell.“ Doch nur auf Onlinekanäle zu setzen war ihm zu wenig: „Auch wenn das Gros der Bestellungen über den Webshop kam, war eine ordentliche Telefonbetreuung sehr wichtig, und zwar über die kompletten Öffnungszeiten. Auch E-Mail, Facebook, WhatsApp und andere Kanäle haben Bestellungen eingespielt.“ Das Service für seine Stammkund*innen will Renk zudem mit einem neuen Projekt erweitern, das er unter anderem mit der Digitalförderung verwirklichen kann. Natürlich sind die Details dazu noch geheim.

Um mit ihren Kund*innen stets im Austausch zu bleiben, verschickt auch Dorothy Singer regelmäßig einen Newsletter über ihre Buchhandlung. Facebook nutzte sie bisher hauptsächlich zur Bewerbung von Terminen und Veranstaltungen. „Als One-Woman-Show kann man nicht so viele Kanäle aktuell bespielen. Außerdem liegt unser Schwerpunkt nach wie vor im Ladengeschäft, da muss man leider Prioritäten setzen“, beschreibt die Buchhändlerin ein Dilemma, das vielen sicherlich bekannt vorkommt.

„Eine große Online-Community ist die wichtigste Währung in dieser neuen Welt“, sagt Verleger Nikolaus Brandstätter vom Wiener Brandstätter Verlag: „Die Menschen wollen in den sozialen Medien nicht nur mit Werbebotschaften erreicht werden. Deshalb haben wir hier unser Storytelling im letzten Jahr stark verbessert.“ Der Bereich, der davon in seinem Verlag am meisten profitierte, war das Thema Kochbuch. „Im Lockdown haben ja viele Menschen wieder vermehrt zu kochen begonnen und das auch über soziale Medien geteilt. Davon hat das Kochbuchsegment profitiert.“

Datenbanken: Das Herzstück der Antiquariate

Für das Antiquariat und die Universitätsbuchhandlung Schaden hat der Onlineauftritt noch einmal eine ganz andere Bedeutung. Schließlich ist das internationale Geschäft für antiquarische Bücher längst zu einem großen Teil im Internet angesiedelt. „In der Antiquariatsbranche gibt es den Druck zur Digitalisierung schon länger. Es wird einfach immer mehr online und vor allem international verkauft“, sagt Geschäftsführerin Karin­ Schaden. Auch wenn viele der Wiener Kund*innen gern ihre Bücher im Geschäftslokal begutachten kommen, wird vorher in der Onlinedatenbank recherchiert. Das Antiquariat Schaden war also auf die Ausnahmesituation Corona vorbereitet. Und doch: „Wir hatten zwar bereits eine große Datenbank, das ist uns sehr zugute gekommen. Sie ist allerdings im Laufe des Jahres an ihre Grenzen gestoßen. Wir sind das größte Antiquariat in Österreich, und bei dieser riesigen Datenmenge ist es vermehrt zu Ausfällen gekommen“, erzählt sie. Die Datenbank, das Herzstück, müsse also neu programmiert werden. „Dabei ist uns die Digitalförderung zur richtigen Zeit entgegengekommen“, so Schaden. Die Datenbank mit über 100.000 Datensätzen und Fotos jedes einzelnen Buches muss komplett neu aufgesetzt werden, um alle Daten übertragen und sichern zu können. Wie lief das Geschäft im letzten Jahr? „Im Moment verkaufen wir wirklich viel online, es funktioniert sehr gut – umso wichtiger ist es, dass wir hier optimal aufgestellt sind“, so Karin Schaden.

Bewegung: Buchtrailer und Online-Kaffeehausbesuche

Verlage müssen ihren Autor*innen auch in Zeiten der Pandemie eine Plattform bieten, sowohl um Neuerscheinungen zu präsentieren als auch, um im Gespräch zu bleiben. So wurde im Brandstätter Verlag kurzerhand ein neues Format geschaffen. „Frei nach dem Motto ‚Not macht erfinderisch‘ haben wir ein neues digitales Format gegründet, das ‚Café Brandstätter‘. Gerade in pandemischen Zeiten, in denen auch die Medien thematisch stark von der Coronakrise dominiert werden, ist es wichtig, sichtbar zu bleiben“, erklärt Verleger Nikolaus Brandstätter. In dem Live-Talkformat lädt der Verlag seit letztem Frühjahr zum regelmäßigen Gedankenaustausch. Mittlerweile erreicht das Format rund 20.000 bis 30.000 Zuseher*innen, zu den bisherigen Gästen zählen Adele Neuhauser, Lilian­ Klebow­ oder Hans-Peter Haselsteiner.

Der Tyrolia Verlag will mit der Unterstützung durch die Digitalförderung für mehr Sichtbarkeit der Buchtitel sorgen. „Wir werden für wichtige Backlist-Titel Book2Look-Leseproben erstellen und entsprechend verbreiten“, so Verlagsleiter Kompatscher. Außerdem wagt der Verlag einen Schritt in die Welt der bewegten Bilder: „Im Bereich Kinder- und Jugendbuch werden wir einige professionelle Trailer erstellen.“

Auch Clemens Ettenauer möchte mit den Komischen Künsten in Richtung Videoformat gehen: „Wir würden gern einen YouTube-Kanal starten. Interviews mit Künstler*innen und Autor*innen zu ihren Werken wären spannend.“

Digitalgeschäft, Community-Erweiterung und Unterstützung für den stationären Handel

Ideen und Tatendrang treiben die Branche an. Markus Renk etwa sieht den Schwerpunkt seiner Buchhandlungen zwar nach wie vor im stationären Handel, so wird er noch im Frühjahr den ersten Standort in Wien eröffnen. „Trotzdem gewinnt das Versandgeschäft stark an Bedeutung. Rund 80 Prozent unserer Bestellungen können wir innerhalb von zwei bis drei Tagen versenden. Unsere Kund*innen werden also sicher weiterhin bei uns bestellen.“ Als Nächstes soll der Shop gemeinsam mit der Buchmedia nochmals ausgebaut und verbessert werden, „sowohl was die Suche betrifft als auch die Nachverfolgung der Versandfortschritte für die Kund*innen.“

Für Gottfried Kompatscher von Tyrolia bleibt der Fokus auf den stationären Bereich. „Als Teil eines Unternehmens, das 18 Buchhandlungen betreibt, sind und bleiben wir Verfechter des gedruckten Buches sowie des stationären und damit regionalen Buchhandels“, sagt der Verlagsleiter. „Das sind unsere Säulen, dafür schlägt unser Herz. Dass das gedruckte Buch eine große Zukunft hat, hat auch die Pandemie gezeigt.“ Der weitere Weg in Richtung Digitalisierung ist für ihn daher auch nur dann von Nutzen, „sofern sie die beiden Säulen gedrucktes Buch und stationärer Buchhandel stützt oder ergänzt.“

Verleger Nikolaus Brandstätter setzt für die Zukunft vor allem auf eine noch größere Breitenwirkung. „Es ist unser großes Ziel, unsere Community und Reichweite über die digitalen Kanäle noch weiter zu steigern. Das ist nicht nur jetzt wichtig, sondern wird auch in der Zeit nach der Krise eine große Rolle spielen.“

 

Digitalförderung

Wie viel? Insgesamt 250.000 Euro als direkte Förderung für digitale Projekte der Buchbranche.

Für wen? 65 Unternehmen profitierten von Fördersummen bis zu 5.000 Euro. Davon 29 Buchhandlungen, 28 Verlage,
5 Antiquariate und 3 Verlagsvertretungen.

Woher? Initiiert und organisiert vom Hauptverband des Österreichischen Buchhandels (HVB), bereitgestellt vom Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKOES).

 

(c) Georg Feierfeil
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