Anzeiger 7/8/2020 – Ein sehr wichtiger Tiger

Bunte Unterwasserwelten, Urwälder und Gebirge: Die Kinder- und Jugendbücher im Herbst entführen an neue Orte auf der ganzen Welt.

Text: Hannah Lea Jutz

Sich auf den Herbst zu freuen ist besonders für Kinder und Jugendliche nicht leicht. Die Ferien sind vorbei, draußen wird es langsam zu kalt zum Baden und die Schule fängt wieder an. Die bunten und frischen Herbstprogramme der Kinder- und Jugendbuchverlage machen den Übergang in die kältere Jahreszeit ein wenig leichter. Egal ob Piratengeschichten, lustige Tiercharaktere oder abgefahrene Fantasy-Welten: im Herbst ist für alle das richtige Buch dabei.

AB ANS MEER: Abenteuer am Wasser
Wenn es draußen heiß ist, kann nicht nur der Badesee, sondern auch das richtige Buch für Abkühlung sorgen. Ans Meer geht es mit „Narwal und Jelly – ein unschlagbares Team“ (Moses), die gemeinsam jedes Problem lösen. Das Einhorn des Meeres und sein Freund, der Blitz, nehmen die kleinen Leser und Leserinnen mit auf superheldenhafte Abenteuer. Die beiden Meeresbewohner sowie deren Autor und Illustrator Ben Clanton sind in den USA schon länger erfolgreich und haben bereits mehrere Preise gewonnen.

„Balthasar Blutberg“ (Luftschacht) ist eine furchterregende Kreatur und ebenfalls im Meer zuhause. Naja, fast. Eigentlich ist Bobo, wie er sich selbst nennt, ein Blutegel, der in einem Tümpel lebt. Durch den verwachsenen Tümpel erhascht er nur manchmal einen Blick auf das, was über der Wasseroberfläche vor sich geht. Und zwar dann, wenn Pfoten, Hufe und Krallen durch das Ufer seines Tümpels stapfen. Wie der Rest der Tiere an Land aussieht, kann Bobo nicht erkennen. Aber es sich mit viel Fantasie vorstellen. Ein lustiges Rätselbuch von Dorothee Schwaab und Michael Stavarič, in dem es Tierbeine ihren Besitzern zuzuordnen gilt.

Für Rätselfans ist auch das Labyrinth-Buch „80 Rätsel tief unten im Meer“ (Moses) der polnischen Illustratorin Aleksandra Artymowska. Kinder tauchen in eine bunte Unterwasserwelt mit wundersamen Landschaften, besonderen Meeresbewohnern und vielen Abenteuern. In achtzig verschiedenen Rätseln warten vergessene Schätze nur darauf, von den Lesenden gefunden zu werden.

Ein Schatz, zwei Piratenbanden und ein wilder Wettlauf, an dessen Ende der Sieger zum König gekrönt wird. Doch die Banden haben Konkurrenz: Der Kapitänsneffe Theo und sein Papagei Flaute sind den Profis immer einen Schritt voraus! In „Theo Piratenkönig“ (Edition Nilpferd) kommen kleine Piratenfans voll auf ihre Kosten. Eine actionreiche Vorlesegeschichte mit viel Humor von Bestsellerautorin Ursula Poznanski, bebildert von Fiete Koch.

Um Piraten geht es auch in „Komm mit, Moritz!“­ (atlantis). Das Piratenbuch von Moritz ist nämlich verschwunden! Doch als er schon traurig ins Bett gehen will, taucht aus den dunklen Wolken ein Piratenschiff auf, und die Mannschaft winkt ihn an Bord. Mit Lissi und ihren Piratenkumpanen begibt sich Moritz auf Schatzsuche und findet am Ende nicht nur den Schatz, sondern bekommt auch sein Buch zurück. Dieter Wiesmüllers Bilderbuch ist voll von fantastischen Bildern und einer spannenden Geschichte für Piraten, Piratinnen und alle, die gern träumen.

IM EINKLANG MIT DER NATUR: Unsere Erde und deren Bewohner
Meere und deren Bewohner leiden immer mehr unter der Plastikverschmutzung. „Schütze die Natur. Plastik – nein, danke!“ (Beltz & Gelberg) von der polnischen Illustratorin Ola Woldańska-Płocińska bietet Inspiration für umweltfreundliche und nachhaltige Verpackungen, die auf Plastik verzichten. Die Natur macht mit Kokosnüssen, Muscheln oder Kokons von Insekten vor, wie es geht. So lernen Kinder schon, wie ein bewusster Umgang mit Umwelt und Verpackungsmaterial aussehen kann.

Um Nachhaltigkeit geht es auch in „Kein Essen­ in den Müll“ (camino) von Stephan Sigg und der Illustratorin Anna-Katharina Stahl. Im Buch besucht Lena mit ihrer Klasse einen Bauernhof. Herr Till entdeckt einen Eimer mit merkwürdigem Gemüse und Obst: Winzige Äpfel, verformte Kartoffeln und krumme Gurken. Lena und ihre Mitschüler müssen bei dem merkwürdigen Anblick lachen, bis sie erfahren, wie viel Obst und Gemüse weggeschmissen wird, weil es nicht perfekt aussieht. Mit ihren Freunden beschließt Lena, etwas gegen Food Waste zu unternehmen, und entdeckt dabei die Freude am Kochen.

Wie erklärt man die Erde einem Außerirdischen? Quinn versucht es in einem Brief, der einen Außerirdischen auf seinen ersten Erdbesuch vorbereiten soll. Sie schreibt von Tieren, Musik und der Natur, aber auch von Konflikt und unterschiedlichen Familienformen. Die Australierin Sophie Blackall hat mit „Lieber Besucher aus dem All“ (NordSüd) eine wunderbare Anleitung für Kinder auf der ganzen Welt geschrieben. Das Buch ist eine bunte Reise um die Welt und erklärt die Erde und deren Bewohner für Anfänger.

Aber auch zwischen Neusiedler See und Bodensee gibt es genug zu entdecken. „Mein großes Tierbuch“ (G&G) von Christine Rettl stellt heimische Tierarten vor, die vor unseren Haustüren leben. Mit Quizfragen lernen Kinder spielerisch Bemerkenswertes über die Tierwelt in Österreich. Ob im Wald, am Wasser oder in der Wiese: Zu allen Lebensräumen und deren Bewohnern gibt es spannende Informationen und Wissenswertes. ­Illustriert von Renate Maderbacher.

Kosmetik, Süßigkeiten und Brot: Jedes zweite Produkt im Supermarkt enthält inzwischen Palmöl. Für dessen Produktion werden allerdings große Teile von Regenwäldern abgeholzt. „Ginting­ und Ganteng“ (atlantis) sind Orang-Utan-Zwillinge. Früher haben sie mit ihrer Mutter in den Baumkronen eines Urwalds gelebt. Wegen Brandrodungen wachsen sie aber inzwischen in einer Affenstation auf. Aus ihrer Sicht wird Kindern erklärt, warum es Schutzmaßnahmen braucht und welche Auswirkungen die Palmölproduktion hat. Eine illustrierte Reportage mit eindrücklichen Bildern von Regina Frey und Petra Rappo.

JUGENDBÜCHER: Artenschutz, Gefühl und Fantasy
Neben Menschenaffen sind durch den Klimawandel auch immer mehr Vogelarten vom Aussterben bedroht. Um einen selten gewordenen Vogel geht es in „Tok-Tok im Eulengrund“ (Jungbrunnen). Albert Wendt erzählt von drei Wissenschaftlerinnen, die auf einem verlassenen Fabriksgelände leben und vorgeben, Obdachlose zu sein. Denn das Gefieder des Vogels, den sie beobachten, wirkt wie eine Tarnkappe. Da dies für die Waffenindustrie hochinteressant ist, müssen die Beobachtungen streng geheim gehalten werden. Doch immer wieder werden die Wissenschaftlerinnen von Kindern aus der Umgebung gestört, die sich auf das Fa­briksgelände wagen. Nun brauchen die Forscherinnen einen Kinderschreck, der die Kinder vertreibt. Eine Idee, wer das sein soll, haben die drei auch schon …

Seit ihrer Geburt lebt Prinzessin Soraya mit einem Fluch. Jede ihrer Berührungen ist tödlich. Um den Fluch zu brechen, lässt sie sich von Azad, einem Dämon in Menschengestalt, zu einem Verrat überreden. Doch dass dieser Verrat das gesamte Reich in Gefahr bringt, hat sie nicht geahnt. Soraya setzt nun alles daran, ihre Familie und die Menschen im Land zu retten. Eine scheinbar unmögliche Aufgabe, bis sie plötzlich unerwartete Hilfe bekommt … „Die Gefangene von Golvahar“ (Thienemann) von Melissa Bashardoust ist ein Fantasyroman mit einer märchenhaften Liebesgeschichte, der mit einer starken Hauptfigur überzeugt.

Romantisch wird es auch in „Wie viel Leben passt in eine Tüte?“ (Thienemann) von Donna Freitas. Als Roses Mutter stirbt, bekommt ihre Tochter ein letztes Geschenk. „Roses Survival Kit“ steht auf einer braunen Papiertüte, die mit einem iPod, einem Foto von Pfingstrosen, einem Kristallherz, einem Papierstern, Buntstiften und einem Papierdrachen gefüllt ist. Jeder Gegenstand scheint Rose näher zu Will zu bringen, für den sie schon bald mehr empfindet als bloß Freundschaft. Ein Roman über den Schmerz des Abschiednehmens und den Zauber eines Neuanfangs.

Für ältere Jugendliche ab 16 Jahren und junge Erwachsene ist die neue Manga-Serie „Chainsaw Man #01“ (Egmont) von Tatsuki Fujimoto gedacht. Im Manga geht es um Denji, der in Tokio lebt und von seinem Vater einen riesigen Berg an Schulden geerbt hat. Als wäre das noch nicht genug, wird Tokio regelmäßig von Dämonen heimgesucht. Nachdem Denji dem kleinen Teufel Pochita das Leben rettet, bekommt er die Fähigkeit geschenkt, sich in den Chainsaw Man zu verwandeln. Es dauert nicht lange, bis die japanische Regierung auf Denji und seine Superkräfte aufmerksam wird und ihn engagiert, um den Dämonen in der Stadt die Hölle heiß zu machen.

Von Prinzen und dem Erwachsenwerden
König sein will früh geübt sein. Um auf den Thron gut vorbereitet zu sein, bekommt der kleine Prinz von seinem Vater ein eigenes Schloss. Dort will der kleine Prinz aber eigentlich gar nicht wohnen. Denn wenn ein Drache kommt, wäre er ganz allein! Sein Vater will von solchem Unsinn nichts hören und schickt den Prinzen zum Übernachten in seinen neuen Turm. Doch bevor er einschlafen kann, hört der kleine Prinz Geräusche. Als er nachsieht, steht da tatsächlich ein Drache in seinem Schloss und kramt in den Schränken! „Keine Angst, kleiner Prinz!“ (Picus) von Jean-Luc Englebert erzählt von einem tapferen Prinzen und zeigt, dass nicht alles so gefährlich ist, wie man denkt.

Neben Kindern werden auch jung gebliebene Erwachsene und Nostalgieliebhaber von „Buffo, das kleine Bergschaf“ (Esslinger) begeistert sein. Der bekannte Kinderbuchautor und Disney-Zeichner Bill Peet erzählt darin die Geschichte von Buffo, dessen Hörner einfach nicht aufhören zu wachsen. Inzwischen sind sie so lang, dass sie nicht nur ihn, sondern auch seine Herde in Gefahr bringen. Der Widder ist also ab sofort auf sich allein gestellt und muss seinen eigenen Weg gehen. Am Ende macht er aber genau deswegen eine wundervolle Entdeckung. Eine Geschichte über das Anderssein und ein liebenswertes Schaf, das Mut macht.

An einem stürmischen Novembermorgen wird Emma zu einem großen, klobigen Haus gebracht. „Schule“ steht darauf. In diesem Haus haben die grauen Riesen das Sagen. Und die sagen Knollnase zu ihr. War da schon immer eine Knolle statt einer Nase in ihrem Gesicht? Emma kommt ins Grübeln. „Die grauen Riesen“ (Luftschacht) von Raffaela Schöbitz ist ein Buch über Selbstwahrnehmung und es zeigt, wie Selbstliebe richtig geht.

Mit dem neuen „JANOSCH Familienplaner 2021“ (Little Tiger) können auch die ganz Kleinen sich bereits an Terminplanung beteiligen. Auf zwölf knallbunten Monatsblättern können­ Kinder spielerisch Termine im Blick behalten und richtiges Zeitmanagement lernen. Neben dem Familienplaner gibt es auch einen Tigerentenkalender, einen Jahresplaner und einen Adventkalender.

Von Tigern mit Aktenkoffern und der schönsten Kuh im Wilden Westen
Das ganze Jahr hat man auch mit dem Buch „Jaguar, Zebra, Nerz“ (Tyrolia) im Blick. Inspiriert von einem Gedicht von Christian Morgenstern, hat Heinz Janisch gemeinsam mit dem Illustrator Michael Rohrer dieses Jahresbuch geschaffen. Im Gedicht wurden alle Monatsnamen durch ähnlich klingende Tiernamen ersetzt, und zu diesen hat Janisch feinsinnige und stimmungsreiche Kurztexte verfasst. Vom Jaguar über den Maikäfer bis zum Zehenbär: Ein Buch, das man sich mit Freude das ganze Jahr lang anschauen kann.

Um einen Verwandten des Jaguars, den Tiger Mr. Brown, geht es in „Mr. Brown hat einen schlimmen Tag“ (Orell Füssli). Mr. Brown ist aber nicht irgendein, sondern ein sehr wichtiger Tiger, der in einem sehr wichtigen Büro jeden Tag sehr wichtige Dinge erledigt. Sein sehr wichtiger Aktenkoffer kommt ihm eines Tages abhanden und es beginnt eine abenteuerliche Verfolgungsjagd. Alison Friend hat zu der Geschichte von Lou Peacock lustige Tiercharaktere entworfen und in den Bildern kleine Details versteckt. Große Spannung bis zum Schluss, denn alle wollen wissen, was in diesem sehr wichtigen Koffer ist …

Mit „Cowboy Pit und die schönste Kuh im Wilden Westen“ (Obelisk) können junge Cowboy-Fans spielerisch Lesen lernen. Mit Lasso, Cowboyhut und -stiefeln macht sich der Cowboy Pit im Wilden Westen auf die Suche nach der wunderschönen Kuh, die dem Bauern davongelaufen ist. Eine Pistole hat er nicht, aber mit einigen Goldmünzen kauft er sich ein Pony und macht sich auf die Suche nach der entlaufenen Kuh. Kai Alina Hula, die selbst Lehrerin ist, hat im Text viele Wörter durch kleine Bilder der Illustratorin Angelika Ullmann ersetzt, die die Kinder während dem Vorlesen benennen können.

Djamilia lebt den Traum vieler junger Mädchen: Ihre Großeltern züchten Pferde, und das junge Mädchen verbringt einen ganzen Sommer bei ihnen in den Bergen Kirgistans. Als sich eines der Fohlen verletzt, bekommt Djamilia die Aufgabe, sich um das schwarze Fohlen zu kümmern. Sie beschließt, es Mahabat zu nennen. Das heißt Liebe auf Kirgisisch. In „Kleines Pferdchen Mahabat“ (Moritz Verlag) erzählt Satomi Ichikawa die Geschichte einer Familie, die sie auf einer Reise kennengelernt hat. Ein Buch, das Leseratten auf der ganzen Welt Offenheit und Neugier gegenüber anderen Lebenswelten näherbringt.

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