Anzeiger 9/2020 – Mit Mehr durch die Krise

Die Folgen der Pandemie betreffen alle Bereiche der Kulturszene, auch Literaturschaffende, Verlage, den Buchhandel und Literaturfestivals. Um die negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten, springen neben dem Bund auch die Landesregierungen mit Krisenhilfen ein. Hier stellen wir die Maßnahmen der einzelnen Bundesländer vor.

Text: Teresa Preis

Burgenland: Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ)

Die Krise wirkt sich vor allem auf lokaler und regionaler Ebene aus. Daher versucht das Burgenland hier anzusetzen. Landeshauptmann Hans Peter Doskozil verweist auf die Absicht seiner Landesregierung, allen betrieblich tätigen Fördernehmern aus dem Literaturbereich mehrjährige Förderverträge anzubieten. Außerdem sollen erstmals Arbeitsstipendien in der Höhe von je 2.500 Euro vergeben werden. Damit sollen Literatinnen und Literaten die Möglichkeit haben, weiterhin künstlerisch tätig zu sein.

Der burgenländischen Kunst- und Kulturszene soll ein Kulturgutschein des Landes mit einem Gesamtwert von 800.000 Euro zugutekommen. Die zu 25 Prozent subventionierten­ Gutscheine müssen bis zum 30.  April 2021 bei einem der gelisteten „Kulturgutscheinpartner“ eingelöst werden. „Wir wollen mit dieser Aktion den privaten Markt ankurbeln“, sagt Landeshauptmann Doskozil. „Und einen zusätzlichen Anreiz zum Buchankauf oder zum Besuch einer Lesung bieten.“

Laut Aussage der Landesregierung sind Literaturfestivals ein noch recht neues Kulturformat im Burgenland. Veranstaltungen wie „Leinen los“ am Neusiedler See oder die „Literaturtage am Csaterberg“ in der Gemeinde Kohfidisch des Verlages Lex Liszt 12 haben sich als Erfolg erwiesen. Doskozil sieht in ihnen ein „wichtiges Vehikel zur künstlerischen Nachwuchsförderung“.

Kärnten – Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ)

In Kärnten werden 2020 zehn statt bisher acht Stipendien mit je 1.500 Euro zur Finalisierung literarischer Projekte vergeben werden. „Damit sollen Kärntner Autorinnen und Autoren in der oft schwierigen Phase der Fertigstellung eines literarischen Werks unterstützt werden“, sagt Landeshauptmann Peter Kaiser. Bevorzugt werden dabei Projekte, für die bereits ein Verlag gefunden worden ist. „So können wir qualitätsvolle Neuerscheinungen unterstützen.“

Als Sofortmaßnahme wurden Arbeitsstipendien für freischaffende Künstlerinnen und Künstler sowie freiberufliche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geschaffen. Insgesamt betragen die Förderungen für 72 solcher Stipendien 198.720 Euro. „Zwölf davon gehen in den Bereich Literatur“, betont Landeshauptmann Kaiser.

„Kärnten verfügt als einziges österreichisches Bundesland über eine eigene Verlagsförderung abseits der des Bundes“, erklärt Kaiser. „Damit können wir Kärntner Verlage unterstützen und den Literaturstandort stärken. Das ist bei der spezifischen Situation im Alpe-Adria-Raum besonders ­wichtig.“ 60.000 Euro werden für die Verlagsförderung aufgebracht, zusätzlich können Kärntner Verlage um Sonderprojektförderungen ansuchen.

Niederösterreich – Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP)

Die Kosten für Literatur­veranstaltungen zu übernehmen, die als Folge der Pandemie abgesagt werden mussten, war eines der ersten Ziele der Kulturabteilung des Landes Niederösterreich. Außerdem sagt Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner: „Alle Jahresförderungen werden ungeachtet der Weiterentwicklung der Veranstaltungssituation in den vorgesehenen Raten ausbezahlt.“

Den Verantwortlichen ging es zunächst darum, den Kulturbetrieb durch Zuwendungen am Laufen zu halten. So erhielten Künstlerinnen und Künstler Entschädigungszahlungen für abgesagte Auftritte. Ein gemeinsam mit der Kulturvernetzung Niederösterreich eingerichtetes Beratungsservice unterstützt Veranstalterinnen und Veranstalter sowie Kunstschaffende bei der Durchführung von Projekten. Auch Rechtsberatung wird angeboten. Zudem werden 2020 bewilligte Druckkostenbeiträge für Publikationen schon unmittelbar nach Genehmigung an die Verlage ausbezahlt.

Um die Vielfalt der Produktionen niederösterreichischer Künstlerinnen und Künstler trotz der zahlreichen Absagen weiterhin zu erhalten, wurde „keep in contact – Kultur Niederösterreich FREI HAUS“ eingerichtet. Die digitale Plattform soll Künstlerinnen und Künstler Wahrnehmbarkeit und ein fixes Honorar ermöglichen, vor allem aber dem Publikum kulturelle Abwechslung bieten. Im Rahmen des „Kultursommers Niederösterreich“ konnten in erster Linie kleinere Veranstaltungen stattfinden, etwa Lesungen beim Projekt „Kultur beim Winzer“. „Gerade dieser Sommer hat gezeigt, dass Kunst und Kultur ein unverzichtbarer Teil unseres Lebens sind“, meint Landeshauptfrau Mikl-Leitner.

Oberösterreich – Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP)

Um möglichst rasch auf die Notlage im Kulturbereich zu reagieren, wurden ein Härtefallfonds für Kulturschaffende und die Aktion art@home eingeführt. „Ziel dieser Sonderförderung war die Unterstützung von oberösterreichischen Kunstschaffenden“, sagt Landeshauptmann Thomas Stelzer. Vor allem für jene, die aufgrund der Covid-19-Beschränkungen neue Wege zur Präsentation ihres Werks gesucht haben. „So werden beispielsweise Online­lesungen unterstützt“, erklärt Stelzer, der den Dialog zwischen den Kunstschaffenden und dem Publikum für essenziell hält: „Literatinnen und Literaten sind nicht nur finanziell auf Lesungen und die daraus resultierenden Buchverkäufe angewiesen. Literatur und Kultur im Allgemeinen leben vom Austausch.“

Zur Leseförderung dient der bestehende oberösterreichische Bücherbonus. Er liegt Stelzer besonders am Herzen. Der Bonus unterstützt Kindergärten und Schulen beim Ankauf von Kinder- und Jugendbüchern oberösterreichischer Autorinnen und Autoren finanziell.

Salzburg – Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn (Grüne)

In Salzburg ist der Landeshauptmann-Stellvertreter Heinrich Schellhorn für die Bereiche Kunst und Kultur zuständig. Er betont, wie wichtig es dem Land ist, auch in diesem herausfordernden Jahr als zuverlässiger Partner wahrgenommen zu werden. Neben den trotz Programmänderungen ausbezahlten Förderungen gab es Zuschüsse zur Abdeckung von Mindereinnahmen und Mehrausgaben. Insgesamt 2,5 Millionen Euro sind dafür vorgesehen. „Mit diesem Geld bieten wir die absolut notwendige Unterstützung und Absicherung für möglichst alle kulturellen Bereiche im ganzen Land.“ Als Beispiel nennt Schellhorn die im April ergangenen zwölf Arbeitsstipendien an Salzburger Autorinnen und Autoren zu je 3.000 Euro, zusätzlich zu den sonst erteilten Stipendien, Preisen und Auszeichnungen.

Es wird aber auch über die Krise hinaus geplant. Laut Schellhorn hat die Landes­regierung mit der Umsetzung der „Allgemeinen Erhöhung der Projektförderungen für zeitgenössische Kunstproduktionen“ begonnen. Damit sollen die Kunstproduktion und die Kunstschaffenden, insbesondere auch Salzburger Autorinnen und Autoren, stärker gefördert und unterstützt werden.

Steiermark – Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP)

Auch in der Steiermark war man sich rasch darüber im Klaren, dass der Kunst- und Kulturbetrieb von den Beschränkungen der Pandemie am längsten betroffen sein würde. Laut Landeshauptmann Schützenhöfer wurden daher unmittelbar nach Ausbruch der Krise die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet: „Wir haben etwa die Förderzeiträume automatisch verlängert. So können zum Beispiel Literaturprojekte, die sich durch die Krise verzögern, zu einem späteren Zeitpunkt verwirklicht werden.“ Außerdem wurde die Förderabrechnung flexibilisiert und die Möglichkeit geschaffen, Stornokosten abzurechnen. Damit sollen jene unterstützt werden, die Lesungen oder Buchpräsentation absagen müssen.

Seit Anfang August gibt es laut Schützenhöfer ein umfangreiches Sonderförderprogramm für Kunst und Kultur mit einem spezifischen Fördermodell für Literatur. „Wir unterstützen damit insbesondere die Wiederaufnahme etwa von Tourneen und Lesungen.“ Für ihn nehmen Literaturveranstaltungen und Literaturfestivals „immer einen zentralen Stellenwert im Literatur­betrieb ein“. Der Landeshauptmann lobt die Kulturbranche ausdrücklich: „In der Phase der großen Beschränkungen haben wir eindrucksvoll gesehen, wie innovativ unsere Kunstschaffenden sind und wie rasch sie neue Formate entwickelt und umgesetzt haben. Das verdient höchste Anerkennung.“

Tirol ­– Landesrätin für Kultur Beate Palfrader (ÖVP)

„Trotz der Krise soll die Kultur ein kräftiges Lebenszeichen von sich geben können.“ So formuliert die Tiroler Landesrätin Beate Palfrader ihr Ziel in den Anfangstagen der Anti-Corona-Maßnahmen. Autorinnen und Autoren sollten imstande sein, mit ihrer Leserschaft in Kontakt zu bleiben. „Das Land Tirol hat schon vor vielen Jahren Arbeitsstipendien für Autorinnen und Autoren eingerichtet. Diese Stipendien wurden umgehend aufgestockt, sowohl in Anzahl wie Höhe. Und für Verlage haben wir die Fördermöglichkeiten erweitert.“

Auch wenn der Konsum digitaler Medien in den vergangenen Monaten einen besonderen Aufschwung erfahren hat, will die Landesrätin junge Menschen weiterhin dazu animieren, Bücher in die Hand zu nehmen: „Schon vor Corona haben wir einige Initiativen gesetzt, etwa den Vorlesetag oder den Jugendlesewettbewerb Read and Win. Die Liebe zum Lesen und zum Kulturgut Buch kann nicht früh genug entfacht werden.“ Das soll auch nach der Krise so bleiben.

Vorarlberg – Landesstatthalterin Barbara Schöbi-Fink (ÖVP)

Für die Landesstatthalterin liegt der Fokus in diesem Jahr auf dem Krisenmanagement. Schon vorher gab es für einige Leuchtturmprojekte im Land jährliche Förderungen im fünfstelligen Bereich, etwa für den Verband literatur:vorarlberg, die Vereine literatur:vorarlberg netzwerk und LändleSlam. In der Pandemie kam weitere Unterstützung dazu: „Im Sinne der Vielfalt wurden im ersten Halbjahr 2020 zusätzlich acht Einzelprojekte in Höhe von 16.100 Euro gefördert. Dies umfasst Beiträge für Festivals, Veranstaltungen, Arbeitsstipendien und Publikationen“, sagt Schöbi-Fink. Außerdem gab es für 17 Autorinnen und Autoren Arbeitsstipendien in Höhe von je 2.000 Euro.

Wichtig war der Landesstatthalterin die Förderung von Literaturveranstaltungen und Literaturfestivals: „Diese Organisationen erhielten die volle Unterstützung und haben ihr Jahresprogramm der Situation angepasst.“ Schöbi-Fink nennt dabei vor allem das Literaturfestival HardCover in der Gemeinde Hard am Bodensee, das heuer ein „Festival im Netz“ durchgeführt hat.

Wien – Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ)

Mehr als 200 Corona-bedingte Arbeitsstipendien wurden 2020 an Wiener Autorinnen und Autoren vergeben. Die meisten davon in der Höhe von 3.000 Euro. Auch die BUCH WIEN soll eine zusätzliche Förderung von 125.000 Euro erhalten. „Kommerzielle Buchhandlungen werden bislang nicht gefördert“, erklärt Bürgermeister Michael Ludwig, „sondern Autorinnen und Autoren, Verlage, Institutionen und Vereine.“

Ein wichtiges Anliegen ist Ludwig, dass die Literaturberichterstattung trotz der Krise ausgebaut wird. Besonders die Fernsehmacher sieht er hier in der Pflicht. Gerade auch, weil der Onlinebereich in Wien erst im Wachsen sei. Der Bürgermeister wünscht, dass besonders junge Menschen angesprochen und zum Lesen geführt werden: „Wer in jungen Jahren wenig Zugang zur Literatur hat, findet ihn in späteren Jahren selten.“

Sektion IV Kunst und Kultur im Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport – Sektionschef Jürgen Meindl

Um die Literaturbranche in Krisenzeiten zu fördern, wurden auch im Bundeskanzleramt kurzfristig Unterstützungen geschaffen. „Wir sehen es als unsere Verantwortung, dem Literaturbetrieb als Ganzes zur Seite zu stehen. Daher haben wir die Förderung für die Verlage um 800.000 Euro erhöht. Zusätzlich wurden Finanzmittel für Schriftstellerinnen und Schriftsteller im Künstler-Sozialversicherungsfonds und im SVS-Überbrückungsfinanzierungsfonds zur Verfügung gestellt“, sagt Sektionschef Jürgen Meindl. Für die nähere Zukunft hofft er auf Konzepte, die einen „literarischen Publikumsverkehr“ ermöglichen. „Das Lesen ist zwar in unserer Gesellschaft ein höchst individueller Akt, aber der Austausch des Erlesenen und das Sprechen über das Fiktionale sind die anderen beiden konstituierenden Elemente des Literaturbetriebs“, so der Sektionschef.

30.9.2020

(c) Georg Feierfeil
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