„Ein Service gegenüber dem Handel“
€ (D) / sFr / € (A)? Ab Herbst 2016 druckt Diogenes keine Preise für den österreichischen Markt mehr auf Bücher. Vertriebsleiter Ulrich Richter im Gespräch mit Anzeiger-Redakteurin Teresa Preis über die Hintergründe dieser Entscheidung, das Preisbindungsgesetz und warum er am liebsten gar keine Preise mehr auf Bücher drucken würde.
Wie kam es zu diesem Schritt bei Diogenes, keine österreichischen Preise mehr auf Bücher zu drucken? Ab wann wird das der Fall sein?
Die Preisinformationen auf der Rückseite der Bücher sind grundsätzlich eine Serviceleistung des Verlages für den Buchhandel. Bis zur Einführung des Euro war die Angabe des Schillingpreises neben DM und Schweizer Franken eine klare Angelegenheit.
Nach der Währungsumstellung und den vorhandenen unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen für Bücher in Deutschland (7 %) und Österreich (10 %) entstanden dann zwei Europreise, der Euro (D) und der Euro (A). In den ersten Jahren – konkret von 2002 bis 2008 – wurde auf den Diogenes-Büchern jedoch nur der deutsche Europreis ausgewiesen. Nach und nach entstand im österreichischen Buchhandel der Wunsch, dass auch der Euro (A) auf die Bücher gedruckt wird, damit die österreichischen Buchhändler gegenüber den Kunden die Mehrwertsteuerdifferenz verdeutlichen konnten und keinen geschmälerten Rohertrag im Vergleich zu ihren deutschen Kollegen zu tragen hatten.
Das Bundesgesetz über die Preisbindung bei Büchern in Österreich unterscheidet sich jedoch gegenüber dem Deutschen Preisbindungsgesetz in einem Punkt fundamental: Für in Österreich verlegte Bücher ist der maßgebliche Mindestpreis der vom Verleger festgesetzte Nettopreis, das Gesetz spricht von Letztverkaufspreis. Für importierte Bücher ist der Mindestpreis der im Ausland maßgebliche Preis (minus die ausländische Umsatzsteuer). Das heißt, dass der Händler bei Verkäufen an Endabnehmer den vom Verleger oder Importeur festgesetzten Mindestpreis nicht unterschreiten darf. Ein höherer Verkaufspreis ist also möglich und diesen Spielraum möchten nun mehr und mehr österreichische Händler ausnutzen. In Deutschland ist das nicht möglich.
Das Verzeichnis Lieferbarer Bücher (VLB), das von der MVB Marketing- und Verlagsservice des Buchhandels GmbH in Deutschland betrieben wird, ist als Dienstleister für die österreichische Branchenplattform buchmarkt.at die Referenzdatenbank für die gebundenen Ladenpreise von gedruckten Büchern und E-Books in Österreich. Somit ist gewährleistet, dass die vom Verlag gemeldeten Preise auch den österreichischen Handel erreichen.
Alle Diogenes-Novitäten und -Nachdrucke, die ab Ende September 2016 erscheinen, werden wieder nur den deutschen Europreis ausweisen.
Welche Rückmeldungen erwarten bzw. erhoffen Sie sich damit aus dem Buchhandel?
Wir hoffen, dass die Mehrzahl der Buchhandlungen den Vorteil dieser Maßnahme erkennt und einsetzt. Viele Rückmeldungen erwarten wir nicht, sind aber jederzeit bereit, die Umstellung den Buchhandlungen zu erläutern.
Inwiefern haben die Abschaffung der Buchpreisbindung in der Schweiz, die wirtschaftlichen Schwierigkeiten und die Währungsunsicherheiten die Entscheidung beeinflusst?
Die Abschaffung der Buchpreisbindung in der Schweiz, die daraus befürchteten und tatsächlich dann daraus entstandenen wirtschaftlichen Probleme für Buchhandlungen, Auslieferungen und Verlage sowie die Währungsunsicherheiten haben diese Entscheidung nicht beeinflusst. Die Situation in der Schweiz ist nicht mit Österreich oder Deutschland vergleichbar.
Der Wunsch, den Euro (A) wegzulassen, kam aus dem österreichischen Buchhandel und wenn wir und andere Verlage nun darauf reagieren, ist dies wiederum als Service gegenüber dem Handel zu betrachten.
Am liebsten wäre uns, wenn wir auf unsere Bücher überhaupt keine Preise mehr aufdrucken müssten, denn die allermeisten Bücher werden als Geschenk gekauft und wer möchte schon sehen, wieviel das Geschenk gekostet hat.
Ein kurzer Blick in die Zukunft: Wo sehen Sie die deutschsprachige Buchbranche in den kommenden fünf Jahren? Sehen Sie Platz für Neugründungen?
In fünf Jahren kann sich sehr viel verändern. Der Einzelhandel wird weiter unter Druck geraten, der Onlinehandel wird zunehmen. Gleichzeitig wird es Neugründungen geben mit cleveren Konzepten, denn die Menschen wollen weiterhin eine Vorselektion durch die BuchhändlerInnen, eine kompetente Beratung und ein schönes Einkaufserlebnis. Die Zahl der KäuferInnen wird weiter zurückgehen, darauf muss sich die ganze Branche einstellen. Aber mit guten Produkten wird die Buchbranche auch in Zukunft die Menschen begeistern.