ORF-Bestenliste
ORF-Bestenliste im April: Christoph Ransmayr Platz 1
Im März steigt Christoph Ransmayr mit dem Roman Der Fallmeister (S.Fischer) neu auf Platz 1 ein. Gerhard Roth belegt mit Es gibt keinen böseren Engel als die Liebe (S. Fischer) Platz 2 und Ljuba Arnautović befindet sich mit Junischnee (Zsolnay) auf Platz 3 der Bestenliste.
Eine Welt, die sich für die Zerstörung der Natur durch den Menschen an eben diesem rächt: Darum geht es im neuen Roman des österreichischen Schriftstellers Christoph Ransmayr: „Der Fallmeister. Eine kurze Geschichte vom Töten“. Ransmayr wird mit diesem Roman seinem Ruf als „Apokalyptiker mit dem hohen Ton“ mehr als gerecht: Er siedelt die Geschichte in einer nahen Zukunft an, in der wir Menschen vieles von dem verspielt haben, was wir „zivilisatorische Errungenschaft“ nennen. Die Folgen unserer Umweltverschmutzung zeigen sich mit aller Wucht, der Meeresspiegel ist dramatisch gestiegen, die Welt wieder ein Fleckerlteppich miteinander verfeindeter Nationalstaaten. Im Zentrum des Romans steht ein Ich-Erzähler, der herausfinden will, warum sein Vater zum Mörder geworden ist. Rund um diese Figur baut Ransmayr eine Welt, aus der man fliehen und die man zugleich nie wieder verlassen möchte: ein literarisches Glanzstück.
Seit Jahrzehnten beschäftigt sich Gerhard Roth mit der Stadt Venedig. Dieses Jahr sind gleich zwei Bücher erschienen, die um die Faszination des Schriftstellers mit der italienischen Hafenmetropole kreisen: der Bildband „Venedig. Ein Spiegelbild der Menschheit“, in dem Roth seine liebsten Fotografien der Stadt gesammelt hat, passend dazu ist mit „Es gibt keinen böseren Engel als die Liebe“ die Venedig-Trilogie des Schriftstellers nun vollendet. Alles dreht sich darin um die Kunsthistorikerin Lilly Kuck, deren Mann unter ungeklärten Umständen in Venedig ums Leben gekommen ist. Sie reist in die Stadt, um die Wege ihres Mannes zu rekonstruieren, der ihr bei der Recherche mit jedem Schritt mehr zum Fremden wird. Wie seine Vorgänger lässt sich auch dieses Buch als „Verbrechensroman“ einordnen, wie Gerhard Roth seine Form der Kriminalliteratur nennt, und wo weniger der Gewaltakt selbst als die menschlichen Abgründe dahinter im Mittelpunkt stehen.
Die eigene Familiengeschichte: mit ihr beschäftigt sich die in Wien lebende Ljuba Arnautović, die 1954 in der UdSSR geboren wurde, seit langem: im Zentrum ihres neuen Romans stehen ihre Eltern, vor allem ihr Vater. Er war Sohn von Mitgliedern des Republikanischen Schutzbundes. Um ihn vor den Nationalsozialisten zu schützen, wurde er gemeinsam mit seinem Bruder nach Moskau geschickt, landete schließlich im Gulag, wo er seine zukünftige Frau kennen lernt. Die Beziehung zwischen Vater und Tochter sollte eine schwierige sein. Mit „Junischnee“ realisiert Ljuba Arnautović, was in der Realität nicht möglich war: eine Versöhnung mit ihrem Vater, den die Geschichte schwer beschädigt hat und der dennoch nicht nur Opfer war.
Hier finden Sie die vollständige Wertung.
Über die ORF-Bestenliste:
Seit Mai 2003 kürt eine Jury aus unabhängigen LiteraturkritikerInnen und BuchhändlerInnen jeden Monat eine Liste von jeweils zehn empfehlenswerten Buch-Novitäten. Sie soll dem Publikum die Orientierung im Neuerscheinungs-Dschungel von 90.000 Titeln jährlich erleichtern.